Hamburg
„Endlich kamen wir auf den Hamburger Berg an, und begaben uns in ein Gasthaus „Die holländische Flagge“. In dieser Herberge befanden sich noch 43 Matrosen, welche auf Arbeit oder Dienst warteten.“
„August, was machen wir jetzt? Ich will doch nach England.“
„Mach was du willst. Du musst jetzt selbst für dich sorgen.“
„Ich habe dich hierhergeführt!“
„Jaja, das glaubst du! Wo wärst du jetzt ohne mich? Immer noch auf dem englischen Kriegsschiff, Deck putzen, gehorchen. Ohne mich hättest du Seeland nicht überlebt. Du bist zu schwach, Leo, zu weinerlich, ach, weißt du was, geh mir doch aus den Augen! Hau einfach ab!“
„Aber sind wir dann keine Freunde mehr? Das finde ich sehr traurig. Sehr sehr traurig, August, ich bin doch dein englischer Freund, dein Kamerad! Heute ist Weihnachten!“
„Naja, mag sein, aber ich gehe woanders hin. Wir trennen uns hier. Passt doch, von hier aus geht’s in alle Welt, hier finden wir Heuer, wie die anderen Seeleute auch! Am Hamburger Berg, zwischen Altona und Hamburg, das weiß ich von Anton Ablut, am Hamburger Berg, von da aus geht’s in die Welt!“
August war begeistert von dem Anblick, der sich ihm bot, das Gewimmel aus Lastenträgern, Dirnen, Kaufleuten, Matrosen, Handwerkern, Soldaten, Gemüsehändlerinnen, Losverkäufern, Offizieren, Seilmachern, Fischern, zwischen Kisten und Fuhrwerken, Fässern und Taurollen, dazu eine Vielzahl von Booten und Segelschiffen am Kai.
„Des andern Tages war mein College nach Glückstadt, und ließ sich engagieren, weil er einsah, daß mein Geld ab war, und das Ungeziefer nahm bei uns überhand.
Ich aber begab mich nach Altona, um Arbeit zu suchen. Ich wurde aber wieder auf den Hamburger Berg gewiesen, da dort ein ostindisches Schiff liegt, das Leute benöthigt. Ich begab mich gleich auf dasselbe Schiff und schloß mit dem Kapitän einen Vertrag auf 7 Jahre. Ich erhielt gleich ein Monatgeld voraus, um mich von dem Ungeziefer reinigen zu können. Ich erhielt die Stelle eines Kanoniers, des Monats 2 1/8 fl., weil ich die Stelle bei den Engländern schon vertrat.“
Engelhardt macht seinen Plan wahr und heuert auf einem bewaffneten Kauffahrer an, allerdings nicht nach Westindien, in die Karibik, sondern nach Ostasien, bei einer der Ostindien-Kompanien, die in den europäischen Ländern geründet worden waren, um dem zunehmenden Warenverkehr mit den Kolonien einen halbstaatlichen Rahmen zu geben – nicht zuletzt dann, wenn sich die überseeischen Handelspartner zu sehr gegen die einseitigen Praktiken wehrten. In diesen Fällen sprang ihnen die Kompanie zur Seite und setzte den europäischen Anspruch auf möglichst hohe Gewinne mit Gewalt durch.
„Es war mir im Anfang schwer, indem nur der Kapitän, Steuermann, Segelmacher, Koch und 18 Chinesen da waren, und mir die wichtigsten Stellen übertragen wurden, und die Sprache mir unbekannt ist. Der Steuermann sagte mir das nöthigste und die wichtigsten Wörter, welche zum täglichen Gebrauch dienen mußten.“
„Nie hau!“ Der Koch schüttelte den Kopf. „Was soll das denn heißen? So verstehen dich die Chinesen nicht.“
„Ich geb mir schon Mühe!“
„Das glaub ich dir, aber ich verstehe dich auch nicht gut, wenn du deutsch redest. Wo kommst du her? Aus der Pfalz? Wie sagst du – isch kumm fun da Pals?“ Der Steuermann war ein Witzbold. Die anderen lachten.
So schlimm war der Dialekt von August schon lange nicht mehr, Englisch, Holländisch, ein paar portugiesische Brocken, er war ja schon lang kein Frischling mehr, 24 Jahre war er inzwischen alt.
„Sprich mir nach: Wǒ jiào Gustav.“
„Uo schau August!“
„Sieh an, er ist nicht auf den Kopf gefallen, unser neuer Kanonier!“